Die Cruiser, Chopper, sind naturbedingt ein besonders emotionelles Kapitel! Auch für mich!

 

War meine Einschlafmusik schon als Teenager von den Herrschaften, Uria Heep, R. Stones, J. Hendriks, J. Joplin, Deep Purple, CCR und vielen Anderen aus diesem edlen Kulturkreis, geprägt.

 

Auch den scheinbar unvermeidbaren Kampf für das Überleben und für die Ehre kenne ich aus den Gräben meines Lebens. Auch hab ich mir - als ehemaliger Vollkontakt Kickbox Schwergewichtler auf Europaniveau - nicht gleich in die Hose geschissen, nur weil mal Einer hinter seiner Sonnenbrille auf dicke Eier gemacht hatte.

 

Heute müsste ich aber erst meine Ärzte fragen, wie weit ich mich noch raus lehnen darf. Denn Eitelkeit, Ehre und Dummheit haben meinem Körper doch mächtig zugesetzt über die Jahrzehnte.

 

Darum zwinge ich mich jetzt dazu, das Thema allerdings nur subjektiv, durch die Brille eines Tourenfahrers zu beurteilen. Zumindest, so gut es mir gelingt.

 

Natürlich will ich niemandem zu Nahe treten und kann mit allen, echten Menschen, welche Freude an einem schönen Moped und am Rumfahren haben. Auch am Garagenbier!

 

Und dazu gehören diese spannenden Bikes in hohem Maße.

Detailverliebtheit und Individualisierungsmöglichkeiten bieten Emotion pur. Dazu noch der Spirit. Freundschaft, Rockmusik, Vertrauen, Geradlienigkeit. Das sind alles Werte die meiner Natur aus dem Herzen geschnitten sind.

 

Aber wenn ich mir alle Kutten überziehen müsste zu denen ich mich bekennen könnte, dann würde ich wohl die erlaubte Zuladung meiner Dicken sprengen.

Kutten sind ja ohnehin ein besonders polarisierendes Thema. Einerseits wollen sie Zugehörigkeit vermitteln, andrerseits uniformieren sie Menschen, die ja doch völlige Individuen sind und sein möchten.

Ein Kutten Verbot finde ich aber nur lächerlich und hilflos!

Kriminelle gehen mir generell am Arsch vorbei. Egal ob die Kutten tragen oder Maßanzüge mit Krawatten.

Egal ob die auf Bikes sitzen oder in Luxusautos. Sollten wir nicht auch die kriminellen Computer verbieten lassen?

 

Mit einem weiteren Vorurteil möchte ich auch sofort abschließen. Nein, die amerikanischen Bikes bleiben nicht ständig, defekt liegen. Diese Zeiten sind längst vorbei. Großartige Motoren mit unbändiger Kraft im Drehzahlkeller. Diese Kraft wird auch auf die Strasse gebracht. Der fette Schwerpunkt macht es möglich.

Da kacken schnell mal Supersportler ab. Zumindest in der Beschleunigung.

 

Top Verarbeitung, würdige Bremsen, natürlich ABS und alle anderen gewollten, elektronischen Helferlein sind meist mit an Bord.

Auch die Fahrstabilität bietet - in den Möglichkeiten der Fahrwerksgeometrie - besten Standard. Natürlich nicht vergleichbar mit einem handlichen, kompakten Motorrad.

 

Und ja, ihre Sitzhöhen von meist etwa 60 - 65 cm über dem Boden, eignen sich besonders gut, auch für Fahrer mit kurzen Füßen. Und ja, es lässt es sich damit trefflich "Rocker" und "Böser Bube oder Mädchen" spielen. Ich weiß, Klischee Alarm! 

 

Aber so wie ich die Szene meines persönlichen, ländlichen Umfeldes kenne und empfinde, geht es meist, eher um das Haben als um das Fahren. 

Natürlich macht das erst wirklich Sinn mit einem sündteuren Auspuffumbau der es wirksam ermöglicht, jedem Balkon- oder Hausbesitzer, der nach einem harten Arbeitstag, mit seiner Familie die Ruhe des Heimes genießen möchte, so richtig den Feierabend zu versauen.

 

Ja, ich traf auch die richtigen, die echten Bösen Jungs. Die sind durchaus authentisch und können ohne Wimpernzucken meine brave  XT in Brand setzen und meine Wirbelsäule an den 19 Zoll Radius meines Vorderrades anpassen.

 

Einmal, in Kalabrien, schwemmte es mich gezwungenermaßen in eine Gruppe der "BANDIDOS Italia" und ich war echt im Bann von dem Auftritt, dem Lärm und der Gruppe als Einheit. Als wir uns dann an der Fährenkasse beschnupperten, sprachen mich einige von ihnen durchaus interessiert an.

 

Meine Dicke XT1200ZE. Der überdimensionale Packen (150L) mit unserem Zelt und dem Rest der Wohlfühl-Ausrüstung (Seitenkoffer plus Packen 180L), die 24 Landeskennzeichen-Aufkleber auf meinem Koffer welche davon erzählten wo ich schon mit dem Moped rumgerollt bin, hat offensichtlich auch einigen von ihnen gefallen. Wir unterhielten uns noch eine Weile über das Mopedfahren und tolle Bike's. Danach gingen wir, zwar nicht als Freunde auseinander, aber als Menschen die auch die andere Seite respektieren können und Freude an guten Motorrädern haben.

Echte Biker gibt es eben auch ausserhalb der Tourenfahrer Szene! Was mich allerdings irritierte war, dass der Chef der berühmten Motorradgruppe, mit Begleitung, in einem Luxus Sportwagen fuhr. 

 

Einmal lernte ich in meiner Gegend einen Mann kennen der im vorgerückten Alter, als Fahranfänger, den Entschluß fasste, Harleyfahrer zu werden. Er kannte mich und meine Leidenschaft zum Touren und für Motorräder generell, schon seit geraumer Zeit und entschloss sich zum Kauf  einer Harley Davidson, Roadking Klassik.

Ein gutes Motorrad, welches ich selbst, mit gewissen individuellen Einschränkungen, als geeignet zum Touren halte.

Ihm selbst war sie, als Anfänger natürlich viel zu schwer und zu groß. Schon beim Losfahren schrie die ganze Körperhaltung "PANIK"!

 

Aber die Liebe zum Bike und zum Mythos halfen ihm über diese erste Hürde.

Ok, der Höllenspektakel-Auspuff incl. Software kostetet € 3.500,- Ok, der Ersatz für den defekten Funkschlüssel zum Starten, musste erst aus Amerika angefordert werden. Darauf wartete er 3 Wochen, ...

 

Voller Freude ging es in seiner ersten Saison zur berühmten Bike Week nach Faak. Wieder zu hause angelangt erzählte er mir von seinem Eintauchen in die tolerante, "geile" Szene echter Bikerfreunde. "Warum hast du Das und Jenes noch nicht verchromt?". "Warum hast du den Baggerumbau noch nicht gemacht?". "Warum hast du keinen handgemachten Ledersitz?". Warum fährst du denn noch immer den Originallenker?". "Warum hast du denn keine HD-Lederjacke?". "Warum hast du erst so wenig Geld ausgegeben ...?" 

 

Das Jahr darauf, fuhr er mit dem Auto runter. Er wollte ja nur schöne Motorräder sehen und in den HD-Mythos eintauchen. Mythos, Schauspiel, Marketing? 

 

Aber es geht  auch anders. 

Auf einer Fahrt nach Zakynthos kam ich mit so einer Lederfransen Rotte ins Gespräch und wurde bald über die andere Seite des Spektrums informiert. Nordkap, Scotland. Alles schon gefahren. Auf eigener Achse. Auf den "Zierkrafträdern" bei jeder Witterung. Respekt! 

 

Ein Freund und sehr ambitionierter Tourenfahrer mit würdig bewegter Reiseenduro erzählte mir mal nach einer gemeinsamen Etappe von einer interessanten Begegnung. Nach einem ganzen Tag in Kälte und Regen lehnte er mit seiner guten, triefenden GoreTex - Ausrüstung am Stehtisch einer Tankstelle um sich mit heißem Tee zu Stärken und zu Wärmen. Plötzlich fahren zwei Chopperfahrer unter Höllengetöse vor die Zapfsäulen. Bekleidet waren sie mit nassen Lederhosen, T-Shirt's und dünnen, ärmellosen Lederwestchen aus denen der Regen in Strömen rann. Auch von ihren Gesichtern, Bärten und aus den BrainCap's. Und das bei 10°C Aussentemperatur!

Sie Tanken, kommen rein, schütten sich ein kühles Bier in den Hals, bezahlen und poltern weiter.

Das Auspuffgewitter ebbte ab, bevor der Tee meines Freundes angenehme Trinktemperatur erreichte. 

Das sind die Echten! 

 

Einschränkungen in der Tourentauglichkeit dieser Moped's sind allerdings die inaktive Sitzposition, meist kleines Tankvolumen, provisorischer Gepäcktransport, Unbeweglichkeit in engen Kehren. 

Die Sitzposition ist meist so ausgelegt, dass die Arme und Beine des Fahrers deutlich gestreckt sind. Das macht ihn schon sehr passiv und langsam im Handeln. Der lange Radstand und Nachlauf, ergeben zwangsläufig eine Fahr Charakteristik welche optimiert ist für Gerade Strecken. Enge Serpentinen sind mit dieser Art Motorrad durchaus eine Herausforderung.

Ich erlebe im kurvigen Gebiet der Alpen immer wieder, wie sich überforderte Cruiser- und Chopperfahrer mit den beherzten Lenkern regionaler Postbusse um die zweite Fahrspur eifern. 

Frühes Aufsetzen der tiefen Fußrasten und Trittbretter in Kurven, machen dann die Tour über Pässe noch spannender.