Seht ihr was meine kleine Canon G3 Wanderkamera kann? Wie ihr sicher bemerkt habt, sind wir in Tallin angekommen.
Die Fähre schwamm flott und unser gebooktes Quartier im Villenviertel, direkt am Stadtpark, wartete schon auf uns. Zwei angenehme Zimmer mit gemeinsamem Bad, Vorzimmer und Schattenplatz für unsere Mopeds im versperrten hauseigenen Park.
Tallin hat uns richtig gut gefallen! Erstens, es war warm. Zweitens, wir lagen sehr gut in der Zeit und wollten zumindest zwei mal Übernachten um in Ruhe die Altstadt zu bestaunen und drittens, endlich wieder richtig europäisch Essen. Braten, Suppen, Schnitzel und was das Herz sonst noch begehrt. Die Esskultur ist geprägt von Deutscher und Russischer Küche und weißt du was ein Bier hier kostet? So gut wie Nichts! Vodka gibts "auf Haus". Obwohl Tallin für Baltische Verhältnisse sogar teuer ist!
Der Grund dafür, liegt in der kurzen Entfernung zu Helsinki. Denn der feierfreudige "reiche" Finne schippert einfach kurz rüber uns lässt die Sau krachen! Das freut Tallin und treibt die Preise etwas in die Höhe.
Uns wars Wurscht denn wir konnten uns einfach treiben lassen, genießen und staunen.
Im Nachhinein bin ich mir sicher, dass Tallin die interessanteste der Baltischen Städte war.
Die Architektur ist eine wilde aber interessante Mischung zwischen Russischer und Deutscher Historie und modernen Beton- und Glasbauten. Manchmal direkt zusammengebaut.
Massenhaft Touristen und motiviert freundliche Touristenbewirtschafter.
Ein Gewusel von Asiatengruppen, Italienergruppen, Russengruppen, Deutschengruppen und allen sonstigen, bekannten Rassen und Geschlechtern. Und Manfred und ich mitten drin. Schön wars.
Die Altstadt ist echt gemütlich und läd zum Genießen ein. Überall Bars, Restaurants und Geschäfte. Alte Häuser und junge Menschen. Künstler auf den Strassen und Plätzen unterhielten uns prächtig. Wie üblich, knurrte mein Magen und ich lief unrunder.
Es machte auf jeden Fall Sinn, die Preise zu vergleichen. Ein Essen am Tisch der gemütlichen Gasse kostete gleich mal nur halb so viel wie ums Eck auf dem weitläufigen Platz.
Wir fanden ein Kellerlokal mit Tischen an der Gasse und freuten uns auf ein feines Abendessen mit regionalen Spezialitäten. Die lustige Kellnerin, eine ehemalige Russin, erklärte gerade einer Frau die tatsächlich von ihr erfahren wollte "ob sie hier auch gut Kochen?", dass die Küche hervorragend, das Servicepersonal aber Scheiße sei.
Wir bogen uns vor Lachen und schon hatten wir unser Stammlokal gefunden.
Wie du siehst gibt es hier genügend Investitionspotential. Tatsächlich stehen hier sehr viele alte Häuser deren Eigentümer sich wohl schwer tun beim Instandhalten. Viele waren auch schon verlassen und modern vor sich hin. Die Plätze sind wohl seit der EU-Erweiterung um ein Vielfaches teurer geworden und daher lohnt sich die Renovierung nicht. Besser, zur richtigen Zeit verkaufen.
Es wird Nacht (nicht ganz dunkel) und wir sind satt und müde. Morgen wollen wir weiter rumschlendern und genießen.
Ein Technisches Museum hat Manfreds Interesse geweckt. Ok, machen wir.
Wie ihr unschwer erkennen könnt, hat uns die Tour ziemlich mitgenommen und so scheint es natürlich, dass es uns wieder raus trieb in die Altstadt um Einzutauchen in den Trubel und die Genüsse. Ein leckeres Bier hier, ein wenig Naschen da, Abends dann in unser "Stammlokal".
Morgen wollen wir Aufbrechen um die Unfallstelle eines der wohl berühmtestenn Roadracers, Joey Dunlop, zu besuchen.
Am 2. Juli 2000 stürzte der Nordire bei diesem, zu keiner Serie gehörenden Strassenrennen und verließ neben seiner Frau auch seine fünf Kinder.
Eine unspektakuläre Linkskurve bei beginnendem Regen wurde dem sechsundzwanzigfachen Isle of Man TT Sieger zum Verhängnis.
Danach wollen wir die Küste entlang nach Osten, zum Peipus See. Etwa siebenmal so groß wie der Bodensee scheint er uns interessant und wir wollen an seinem Westufer entlangrollen. Direkt durch den See geht die russische Grenze und der Tourismus zeigt sich dort von einer ganz anderen Seite.
Von einer unbekümmerten, geradezu ignoranten, würde ich sagen.
Unser Tagesziel ist Valma am Vortsjärve See.
Dort wollen wir übernachten und am darauffolgenden Tag wieder rüber zur Ostsee, nach Riga.
Wie schon gesagt, hier an der Russischen Grenze ist Tourismus etwas anders interpretiert als bei uns oder an der Ostsee, welche hier logischerweise Westsee heißt.
Die Menschen sind reservierter, Englisch ist nicht die bekannte Sprache die dir schnell mal weiterhilft auf der Suche nach dem bildschönen Campingplatz im Internet.
Große Hütte, blauer Himmel, romantischer Steg mit bunten Booten, lecker Essen, das war es, was auf uns warten sollte.
Die Realität war anders. Schon nach Verlassen des Peipussees zogen immer dunkler werdende Wolken auf. Verdammt! Das darf doch nicht wahr sein, wie schnell man wieder verwöhnt und verweichlicht sein will. Vor einer Woche noch tausende Kilometer bei Regen und 6°C gemeistert und jetzt? Na ja, gerade noch trocken in die Hütte wäre schön. Wäre einfach angenehmer. Mein braves Navi behauptet ja auch, dass es nur noch 20 Minuten durch diese herrlich blühende, duftende Landschaft gehen soll. Nur noch 20 Minuten trocken. Das geht sich aus.
Glaubte ich.
Das gibt es doch nicht! Drei mal schon kurven wir am westlichen Seeufer entlang und suchen den luxuriösen Campingplatz. Das kann doch wohl nicht sein, dass man so was übersehen kann! Kein Schild, kein Nichts. Niemand den wir fragen, wusste wo das sein sollte.
Schon wurde es nicht nur am Himmel dunkler. Auch mein - zugegeben auch hungriges - Gemüt ...
Hier, eine große Anlage mit Pool, Haupthaus und unzähligen Holzhütten. Und hier, das ist doch der Steg mit den schönen Booten aus der Internetwerbung! Ja schau doch mal! Tropf, tropf ...
Puh, gerade noch geschafft! "Manfred, bitte geh rein und checke uns gleich ein bevor es noch nasser wird".
Er verschwand im Inneren des Haupthauses und kam nicht wieder. Was ist denn los, verd....
Ich gehe rein und wundere mich über eine Gruppe Leute die in unbeannter Sprache mit dem Kopf schüttelte.
Englisch, nein. Unser Ziel? Njet! Das gibt es doch wohl nicht. Das ist doch der Steg und das sind doch die Boote und ... Niet und nochmal niet!
Unser Campingplatz ist völlig unbekannt und hier ist alles ausgebucht. Eine russische Feier. Platzregen!
Nass fuhren wir drei Kilometer zurück zum Info - Häuschen, an welches ich mich noch am Strassenrand vorbeihuschend erinnerte.
Klopf, klopf! Eine fleißige Hausfrau öffnete und ihr Outfit bot ausreichend Grund zum Zweifel. Englisch?
Kopfschüttelei. Info? Freundliches Nicken. Campingplatz auf meinem Handy? 3 Km entfernt? Schulterzucken!
... Sie telefoniert kauderwelschisch und wir tropfen ab. Ah, ihre Mine lichtet sich und ihre zarte Hand weist uns den rechten Weg. 3 Km! Dort woher wir gerade kamen. Das war eine große Hilfe danke. DANKE FÜR NICHTS liebe Infofrau! Ich wurde betrübt und wollte auch mit Manfred nicht Reden.
Aufsitzen und weitersuchen. Wieder bog ich in den Uferweg ein. Zum vierten Mal rollte ich wie ein Depp vor das Tor des Russen Urlaubsreservates als mir eine kleine Stimme über die Wiese nacheilte. Und ein Wenig hinter der Stimme eine kleine Frau die mir freundlich zuwinkte. Hier, hierher holder Bikersmann! WAS? Hier?
Jetzt erst erkannte ich zwei Hütten welche wohl nur den symbolischen Start eines - im Internet visionär veröffentlichten - Großprojektes symbolisierten. Diese zwei Hütten sind unser luxuriöser Campingplatz? "Jes" freute sich die junge Frau mit ihem Baby im Arm. Sie freute sich auch, dass sie heute bereits 50% ihrer ganzen Anlage an zahlungskräftige Ausländer vermieten konnte. Und das so verschwiegen und intim, dass selbst ihre unmittelbaren Nachbarn und auch der Infostand nichts von ihrem Großprojekt ahnte.
Na gut, die Hütte war sauber und Manfred wies mich in die Beihütte um mich frisch zu machen.
Er konnte sich kaum auf den Füßen halten als ich wiederkehrte. Beinahe platzte er vor Schadensfreude als er mich nach meiner Beurteilung des Spa Bereiches frug.
Er wusste genau, wie wichtig mir würdiges Kacken und Waschen ist! Ein Plumpsklo in einer engen Holzhütte ...?
Das war seine Rache für die Norwegische Baustellenrallye!
Ich danke heute noch meinem ehemaligen, geduldigen Karate Lehrer, Yasujuki Fujinaga für die wichtigen Entspannungsübungen welche er mich ungestümen Krieger lehrte.
Jetzt konnte mich nur noch ein gutes Essen retten. Lediglich, es gab keines!
Die herbeigerufene, brave Mutter erklärte uns, dass auf ihrem Platz kein Restaurant sei. Nichts zu Essen, geschweigedenn zu Trinken. Schon kämpfte ich gegen den aufstrebenden Wahnsinn in mir!
Dies merkte sie wohl und riet uns, die benachbarte Hochseil Abenteuer Anlage Mitarbeiter zu befragen, ob denn wohl ein paar Krümel für uns abfallen könnten.
Knurrend, ja auch der Magen, zogen wir ab und schon, hinter der nächsten Kurve, lockte uns der Duft einer offenen Großküche zur Eile.
Mit letzter Kraft schleppten wir uns an die Küche und bettelten die feiste Köchin an, uns doch zu Verköstigen. "Njet!"
Was, wir stehen hier hungrig und durstig, schwach und einsam an vollen Töpfen und Pfannen und sollten nichts bekommen? Wir haben ausreichend Geld und wollen wohl auch recht spendabel sein gute Frau. "Njet!"
Die Anlage sei "völlig reserviert und sie kochen exclusiv für diese große Gruppe. Aber 25 Km westlich würde wohl eine Pizzeria ... Aber so genau wusste sie das auch nicht".
Wir konnten es nicht fassen und das spiegelte wohl auch mein Gesichtsausdruck.
"Wie kann ich ihnen helfen?" Ein gepflegter Mann mittleren Alters sprach uns von hinten an. Er sei der Manager hier und gerne wolle er uns das Leben retten. Wenn wir eine Hand voll Euros ...
Aber gerne doch, bitte, darf es ein Wenig mehr sein? Er freute sich mit uns und schon erklärte er uns den Plan.
Wir sollen noch 20 Minuten vom Turm fotografieren und dann - vor allen Anderen - an das würdige Buffet treten. Dann dürfen wir Essen, wie viel unser Herz begehrt. "Nur abseits bei den seitlichen Tischen Platz nehmen und gerne reichlich Nachschlag verlangen". Noch ein Bierchen? Ein Kaffeechen? Noch ein zweites Dessertchen?
Mir kullerten vor seeliger Dankbarkeit die Tränchen über die Bäckchen. DANKE guter Manager!
Die Köchin hingegen, fand einfach keine Zeit, zu uns rüber zu blicken.
Ich schlief trotz voller Wampe sehr gut und wusste schon vorher nur zu genau, welch olfaktorisches Erlebnis heute Nacht auf uns wartet, in unserem hölzernen Kämmerlein. Und erst, was sich morgen auf dem Plumpsklo abspielen wird.
Der Tag begrüßte uns mit warmer, güldener Sonne und unsere braven Mopeds waren längst wieder trocken und scharrten mit den Reifen. Sie wollten rüber nach Riga. Durch eine grandiose, milde Landschaft. Den Duft reicher, fruchtbarer Flora in der Airbox.
Am späten Nachmittag erreichen wir Riga, die Hauptstatt von Lettland.
Gerne entschädige ich mich für die letzte Behausung mit dem famosen Islande Hotel Riga ***** und freu mich auf die Wanderung über die extrem windige Brücke, rüber in die Altstadt. Hier wollen wir zwei Nächte verbringen und morgen mal ohne Gepäck, auf Schotterpisten durch den Nationalpark stauben.
Hier erkennt man eine GS-Fahrer Gruppe welche aus Sicherheitsgründen die Route durch die Stadt erst mal mit Leihfahrrädern prüft.
Natürlich distanziere ich mich von diesem Satz und kann mir nicht erklären, wie der hier rein gekommen ist.
Spaß beiseite: Riga gefiel uns gut. Es war freundlich, günstig, geschmückt mit schönen Bauten und Plätzen. Fröhliche, offene Menschen. Die kulinarische Versorgung war sehr gut und doch, so schön wie Tallin fanden wir es nicht.
Vielleicht war es auch nur der große Wiederspruch, der spürbare Unterschied zwischen dem kühlen Norden und dem Baltikum welcher uns in Tallin so glücklich machte. Hier in Riga ab es nichts, was wir nicht schon in Estland bestaunen konnten. Hier aber, Alles etwas einfacher, normaler. Die Menschen erlebten wir ebenfalls etwas bodenständiger als in Tallin. Das kann wohl auch am vorhandenen Geld liegen, sicher auch am Einfluss der Geschichte, da selbst die Sprache in Estland, der Finnischen ähnlicher klingt als hier in Lettland.
Möglicherweise erklärt es sich so besser. Der Tenor auf dem Platz in Riga sang so gewaltig, so mächtig und berührend, dass ich als Liebhaber der leichten Oper, Gänsehaut hatte und bestimmt eine halbe Stunde begeistert lauschte.
Ich bin mir sicher, dass er in Tallin ein Sacco getragen hätte.
Sei es drum, ich weiß keine bessere Erklärung warum uns Tallin besser gefiel. Jedenfalls wäre es unfair von mir, nicht auch von Riga zu schwärmen. Wir fühlten uns richtig wohl hier. Die Sonne wärmte uns und die Aussicht auf ein leckeres Steak und kühles Bier trug uns förmlich rein in die Altstadt.
Schon saßen wir im eigenen Restaurant des Harley Owners Club, Riga - Chapter, mitten in der Stadt und selbst in meinem würdigen YAMAHA Outfit wurde ich nicht verprügelt sondern fürsorglich bedient.
In solchen Momenten freue ich mich immer über den enormen Zoombereich meiner G3. Wenngleich ich die 600 mm auch manchmal verwackle, wenn ich kein Stativ rumtragen will. Oder waren es die Biere bei HOG's? Na, egal.
Bezaubernd fanden wir auch den Park welcher, gefühlt, die Alt- von der Neustadt trennte. Idyllisch und fein lud er ein zum Entspannen, Sitzen, Rumliegen oder zum entschleunigten Spazieren. Wie ein Bilderbuchwald der Frieden und Sorglosigkeit in dein Herz massiert.
So, langsam wurde es Zeit, wieder ins Hotel zu wandern. Morgen wollen wir das Gepäck im Zimmer lassen und nur mit den Mopeds in den Gauja Nationalpark vor den Toren Riga's fahren und nach Herzenslust auf Schotterpisten rumstauben.
Dort kann mein neuer METZELER KAROO STREET zeigen, ob er seinem Ruf als top Universalreifen auch gerecht wird und mein Brüderchen so richtig unter einer Staubwolke ...
Ja, ich hab da noch eine Rechnung mit Manfred offen nach der Plumpsklo Affäre. Da ist noch nicht das letzte Wörtlein gesprochen.
Morgens nach dem hervorragenden ***** Frühstück waren wir kräftig genug, um durch die Stadt zu rollen und raus in den Nationalpark zu eilen. Etwa 160 km sollen es heute werden. Weitestgehend auf den berüchtigten Wellblechwegen aus Schotter und festgefahrenem Sand. Das wird ein Spaß!
Bei der Planung im Winter zweifelte ich noch sehr daran, ob wir nach, nun bereits weit über 6.000 Km Fahrt, wohl noch Lust auf eine Extrarunde haben würden. Oh ja, wir hatten Lust darauf!
Und so zog es uns raus in das rauhe Gelände. Das war ein Spaß!
Meine METZELER staubten was das Zeug hielt und - das ist leider der Fluch des Guidens - ich musste leider immer voraus fahren. Die Reifen boten guten Grip und ich fühlte mich meist sicher auf meiner 260 Kg. Gazelle. Ungewohnt war nur die Waschrumpel.
Schon fürchtete ich, dass Manfred's betagte Transalp sich in sämtliche Einzelteile zerrütteln würde.
Aber weit gefehlt. Sein 21" Vorderrad und die schmale Spur schnitt sich förmlich den Weg durch den Schotter. Hat schon einen Grund warum die meisten Weltumrunder mit solchen Fahrzeugkonzepten ausgerüstet sind. Einfach, leicht, gut.
Zudehm ist Manfred ein ausgezeichneter Fahrer. Ich hab ja sehr wenig Offroad Erfahrung und war desshalb schon gespannt, wie es mir mit der Dicken Geisha wohl gehen wird. Und, es klappte retativ geschmeidig.
Man musste nur die optimale Geschwindigkeit finden um in einer geeigneten Frequenz dahin zu Vibrieren.
Das machte wohl wirklich Spaß! In den Kurven etwas mit dem Hinterrad mitlenken. In engen Kurven sich freuen, dass es doch noch gut gegangen ist und hämisch in meinen Helm grinsen. Top Staubwolke hinter mir, Respekt!
Ja, und so könnte man dann aussehen, wenn man seinen großen Bruder in einem Plumpsklo einquartiert.
Auch gut zu erkennen, dass abseits der touristischen Vorzeige Gegenden, Alles deutlich unluxuriöser anmutet. Plattenbauten und meist alte baufällige Häuser.
Die Menschen hier kennen keinen Glamur und wir hatten den Eindruck, dass wir ihnen auch recht egal waren.
Ausser in den Sehenswürdigkeiten des Nationalparks.
Reiten, Schwimmen, Wandern, ja, im Winter sogar manchmal Schifahren. Alles kannst du hier machen.
Nette kleine Gasthäuser mit ehrlichem, schmackhaftem Essen. 150 Vogelarten, Seen, Bäche, wunderbare Wälder.
Besonders beeindruckend, die 350 Stollen welche diesen Berg durchbohrten. Sie dienten mit ihren, über das ganze Jahr konstanten +6°C, den umliegenden Bauern als Lager- und Kühlräume und tun das zum Teil immer noch.
So, das war ein großartiger Tag. manfred freut sich sichtlich über seinen Thunfisch Salat und weil die Wolken langsam dunkler werden wollen wir wieder Richtung Riga und in unser feines Hotel rollen.
Morgen wollen wir zeitig starten und 360 Km. runter nach Klaipeda und dann raus nach Nida, auf der Kurischen nehrung (LT).
Oh man! Das war die Regenschlacht um Nida!
Mehr oder weniger ganztägig Regen! Auf halber Strecke von Riga bis Klaipeda.
Klaipeda hat uns nur genervt. Einbahnsystem ohne jede Logik, Umleitungen und Sackgassen. Es war uns nicht möglich, trotz Navi, einfach durch die Stadt zu fahren um in Strandhähe Richtung Fähre zu rollen.
Wir mussten am selben Weg wieder raus um die Stadt zu Umfahren. Danach erst fanden wir den Anleger.
Langsam hörte es auch auf zu Regnen.
Zu meiner Überraschung wurde mein linker Stiefel inkontinent und eine unangenehme Kälte kroch mein Bein hoch. Egal, wir waren ja bald am Ziel. Die Kurische Nährung faszinierte mich schon in der Planung und wenn ich die Karten studierte. Das Kurische Haff als Binnenmeer, getrennt von einer 98 km langen Halbinsel.
52 Km gehören zu Litauen, der Rest zur russischen Enklave Kaliningrad. Der letzte Ort vor der russischen Seite ist Nida. Unser Ziel.
Schaut schon komisch aus auf dem Navi wenn du die Fähre verlässt und rechts und links nur noch Wasser abgebildet siehst. Darauf freuten wir uns sehr und sogar der Regen ließ nach.
Ein wenig verschlafen und gerade deshalb angenehm, empfing uns Nida, der wohl größte Ort auf der litauischen Seite der Nehrung. Im Gegensatz zum "nördlicheren Norden" waren die Häuser hier sehr bunt und nicht vorwiegend rot lackiert. Die wunderschönen, traditionellen Fischerhäuser wurden längst zu Ferien- und Wochenendhäusern umgewidmet und der ganze Ort wirkt auf uns sehr angenehm. Sauber, gute Infrastruktur (Magnum Klassik), Alles perfekt zum Relaxen, fein Essen und Wohlfühlen.
Schnell fanden wir unsere geräumige Unterkunft in einer feinen Holz Villa und die Hausfrau machte uns in gutem Englisch mit dem Hausbrauch vertraut.
Bald schon waren wir gespült und getrocknet und wie üblich, hungrig. Lecker Pizza sollte es sein denn nach den üppigen, Zentraleuropäischen Festschmausen in Est- und Lettland, gelüstet uns die mediterrane Leichtigkeit einer gepflegten Holzofen Pizza und diese versprach der "Italiener" mitten am Platz. Und ja, er hielt sein Versprechen.
Mit vollem Magen ließ es sich gut Planen und darum trieb es uns raus zum Meerluft Schnaufen und Nachdenken.
Morgen wollen wir rausfahren und ein Wenig im Sand rumstauben. Lockte doch die riesige Wanderdüne welche zwische 40 u. 50 Meter über den Meeresspiegel ragt und somit wohl die größte Wanderdüne Europas ist.
Das werden wir uns morgen ansehen. Auch versprach der morgige Wetterbericht extrem schlechtes Wetter auf der Festlandseite. Exakt entlang unserer Reiseroute Richtung Masuren (PL).
Darum fiel es uns leicht, noch einen Tag hier rumzulungern und die Mühelosigkeit der Vorsaison zu genießen.
Auf unserer Seite soll es morgen sonnig und mild bleiben.
Heute spazieren wir noch im Ort rum, bewundern die schönen Häuser, die Boote im Hafen, besonders den geilen 350 PS, V8 - YAMAHA Aussenborder und fragten uns beunruhigt, welches Spektakel der wohl mit dem leichten Schlauchboot so aufzuführen im Stande ist. Danach schlendern wir endlos anmutende Betonstrände am Kurischen Haff entlang.
Besonders lustig fanden wir den Radfahrer welcher wohl gelernt hat "auf dem Wasser zu Fahren" um weit draussen seine Angel auszuwerfen.
So, langsam wird es Zeit, sich von der "Wüste" zu verabschieden. Leider durften wir nirgens mit unseren Moped's den Sand auflockern und somit bleibt es auch nur bei den Fake-Bildern in Motorradanzügen in den Dünen.
Tatsächlich hätten wir den einen Kilometer auch in unseren feinen Halbschühchen rüber Wandern können. Auf dem gut befestigten Spazierweg von Nida.
Beim nächsten Frühstück lernten wir am einzigen, reich gedeckten, Tisch in der Küche, auch unsere Hauskameraden aus der Kölner Gegend kennen. Unsere sehr gesprächigen Hauskameraden!
Generell brauche ich ja keine große Konversation vor 10:00h Morgens und bin um diese Zeit begeisterter Anhänger nonverbaler Diskussion. Der Höflichkeit halber ließ ich mich aber informieren über ihren geplanten Ausflug nach Kaliningrad und wie schade es doch ist, "dass die Stadt nicht mehr deutsch ist, und was denn Alles so schade ist am Nichtdeutschsein und dem Verlust der deutschen Kultur hier im Gebiet und überhaupt, dass die Schuld für den Schaden des 2. Weltkrieges und den Völkermord natürlich der Erste Weltkrieg war".
Ich nickte betroffen und war ganz überrascht als mein Mund zu sagen begann, "dass nach seiner Information die Schuld am Völkermord im 2. Weltkrieg hauptsächlich bei den Leuten lag die zu gerne "Heil Hitler" gebrüllt haben und die begeistert Kinder aus den Armen ihrer misshandelten Eltern rissen um die liebenden, vor Angst schreienden Familien dann getrennt in die Gaskammern und danach in die Öfen steckten".
Irgendwie fanden wir danach kein weiterführendes Gesprächsthema und rollten gerne, nachdenklich raus in die Ruhe der morgentlichen Nehrung.
Auf die Fähre und der Grenze Kaliningrads entlang, der Sonne Polens entgegen.
Mein Wetterdienst behielt Recht und so sollten wir, nach einem schönen, sonnigen, unspektakulären Tag auf unseren Moped's, in den Innenhof des gebookten Hotells in Gizycko (Lötzen) rollen. Auf der Masurischen Seenplatte.